Einleitung
Ich stelle keinen Anspruch,
Mit dem was ich hier schreibe,
Wie sollte ich denn auch?
Bei dem ganzen Schwachsinn,
Den ich da verzapfe
Wäre das reiner Größenwahn.
Ich gebe es zu:
Ich quäle mich zum reimen
Und sitze stundenlang oft da
Um einen halbwegs geraden
Mit ach und krach
Zurechtzubiegen.
Und selbst wenn ich‘s mal
Schaffen sollte
Ein Gedicht zu Ende zu bringen,
Scheint‘s mir wie ein großer Krampf,
Dazu noch unvollkommen
Und wie ausgespieben.
Wie ich schon gesagt habe
Mit dem was ich hier schreibe
Stelle ich keinen Anspruch
Auf Lob und Anerkennung;
Vielleicht meinetwegen
Darauf etwas Aufsehen zu erregen.
Obwohl, ich weiß nicht wirklich
Wie wahrscheinlich
Das ist, versteh doch selbst ich
Beim nochmaligen Durchlesen
Mancher Passagen
Die Hälfte kaum oder gar nicht.
Die allgemeinen Kritiken der
Hoch angesehen Literaturkritiker
Oder manch eines Lehrers
Der Sprache werden
Wohl auch nicht so rosig ausfallen.
Wahre ich doch keine Form
Und schreibe nicht konform
Irgendeines dichterischen Schemas
(Ich hoffe das nennt man so …)
Sondern so wie‘s grad sein muss
Damit es halbwegs gut klingt
Oder der Reim mir irgendwie gelingt.
Aber so unter uns, so unter vorgehaltener Hand:
Die Kritiker können mich allesamt
Am Arsch lecken.
Obwohl, wenn ich recht überlege …
Wenn ich vorhin gesagt habe,
Dass ich mit dem was ich schreibe
Keinen Anspruch erhebe
Dann stimmt das so auch nicht.
Du, lieber Leser, bist mein Anspruch;
Dich möchte ich versuchen zu berühren
Und in höhere Sphären zu entführen;
Dass du, wenn auch nur ein einziges Mal,
Dies Buch mit fernem, nichts greifendem
Lächeln und deinen Rücken hinabwehenden
Schauern niederlegst,
Und im Herzen ganz und vollkommen darin aufgehst,
Das ist mein Ziel.
Und sollte ich dich in jenem Augenblick
Wissen, dann bin ich zufrieden und froh,
Dann hat sich all das gelohnt:
Das ist des Künstlers größtes Glück.
Oktoberlicht
Rot erstrahlen die Bäume auf den Hügeln,
Als hätte der letzte Nebel ihre Blätter rostig gemacht.
Die warmen Tage, letzte Boten von Süden,
Legen darüber weiches, rauchiges Licht.
Wie einstmals die Majestäten bei Hofe gähnen
Sie, wie es scheint, gelangweilt im Wind
Als wär‘s nichts ihm zu trotzen. Und sie sehnen
Wie ein störrisches Kind, das meint die Welt zu kennen, sehnt,
Den nächsten Schritt nach vorne zu gehen.
Und so wie das Kind werden auch sie sehen,
Dass vorne nur Enttäuschung ist. Denn der Born
Der Erkenntnis ist nicht dort. Er ist stets hinten
Von wo er für immer verloren den plötzlich sehenden Blinden
Nachblickt; und die einzige Hoffnung ihn doch noch zu finden …
Ist der nächste Schritt nach vorn.
1. Gesang des Künstlers
Die Welt der Menschen ist saudumm;
Aber ich acht‘ nicht drauf und kümmer‘ mich nicht drum.
Ich kümmer‘ mich nicht um ihr Lachen,
Weder ums falsche noch ums aufrechte, noch um die Sachen
Denen sie nachlaufen, die sie vergöttern;
Und nicht um ihre Probleme, die sie so angeregt erörtern
In zuhöchst eleganten Gesellschaften
Inmitten von Glasgeklimper und äußerst fabelhaften
Und geistreichen Witzen und Bemerkungen
Die wie ein Schwarm gackernder Vögel die Runde durchfliegen.-
Mich interessiert nicht ihr Trachten oder Streben
Und schon gar nicht ihre Art und Weise das Leben zu leben.
Sollen sie ruhig weiter ihre Kreise laufen
Und sich dabei für noch so ernst und wichtig verkaufen;
Sollen sie Leistung, Mode und Schönheit
Huldigen und daneben einher laufen und die Wahrheit
Als für ihr Worte gepachtet wähnen
Oder sich nach dem Griff nach Wind und Wolken sehnen:
Mich soll‘s nicht weiter kümmern;
Warum sollt‘s auch? Ich würd‘ mich ohnehin nur ärgern.
Nein, ich brauch‘ diese Art Welt nicht,
Mit all der Verblendung, dem geborgten Glanz und ihrer falschen
Pracht.
Zwar treib‘ ich mit, um nicht zu ertrinken,
Aber nichts darin würde vermögen mich zu verlocken, zu sich zu
winken.
Denn in mir drin‘ hab‘ ich meine Welten,
Die allein von meinem Herz und Verstand gestaltet werden,
In denen so ganz andere Gesetze gelten,
In denen Phantasie und Träume unendlich frei walten.
In ihnen lebe ich also, sie sind meine Zuflucht,
Von dort schau ich herüber, aber bloß weil es sein muss; meine
Bucht
Sind sie, wo von beiden Seiten her
Blutrot schöne Klippen die Sicht verdecken; und alles was bleibt, ist
das Meer …
Gesang des wahrhaft Lebendigen
Tu es einfach.
Denk nicht zu sehr drüber nach;
Wenn du weinen musst, dann weine
Und wenn du lachen musst - dann lach!
Lass andre ihre Falten ziehen, deine
Stirn soll reine bleiben. Und wenn du willst,
Und Lust verspürst,
Dann suche dir ein Mädchen
Und verliere dich in ihr und ihrem Lächeln.
Spür die kribbelnd warmen Schauer,
Mit denen der Anblick ihrer Brüste dich durchdringt
Und genieß, auch wenn nur für kurze Dauer,
All die quälenden Fragen, die die Verliebtheit mit sich bringt.
Schärfe deine Sinne, nicht nur für die Liebe
Sondern auch für den Hass und alles Schlechte!
Davon gibt’s doch viel mehr; teilt das Leben Hiebe
Doch viel lieber aus als Liebe.
Wäre es da nicht das Billige und Rechte
Nicht zu davor fliehen, sondern alles das zu nehmen, zu genießen?
Darin mit Lächeln aufzugehen und zu ersprießen?
Nicht Opfer zu sein, sondern beschenkt,
Im unendlich sanften, weisen Wissen,
Das auch das Schlechte sein Gutes hat? Denn: Lenkt
Nicht jeder Augenblick uns näher hin zum Tod?
Warum dann deine kurze Zeit noch mehr vermiesen?
Nimm doch alles was das Leben dir schenkt,
Öffne dich wie Seele vor dem Morgenrot
Und spüre alles, alles - in dich fließen.
Das, und nur das sei dein einziges Gebot!
Meine Gedanken und Ich
Des Nachts in meinen stillen Stunden
Da laufen meine Gedanken rastlos Runden
Und tragen alles in mich hinein:
Bläulichschwarzes Himmelszelt,
Sternenreigen, Mondenschein.
Sie hängen nicht mehr an der Welt,
Das wäre bloß Verschwendung;
Sie kreisen nur mehr von Ding zu Ding
Und gießen es in Empfindung.
Tröstung
Jüngling, sei nicht traurig. Trauer
Ihr nicht nach, bevor sie noch
Gegangen ist; ich weiß: sie lässt das Meer
In dir zurück, in ihrem Auge hängt noch
Der Himmel. Aber sieh: alles Land
Mündet, ganz gleich wie weit du dich
Auch zehrst, schließlich einmal in Sand
Und dann in Meer, und jedes Auge schließt sich.
Dem unbekannten Gott
Ich habe dich niemals gesucht, auf Zeichen
Hab ich nie gewartet … Alles scheint so selbstverständlich,
So nie möglich anders zu verlaufen, dass man sich
Im raschen, stumpfen Lauf der Tage
Nicht ansatzweise die Frage
stellt ob vielleicht unsere Lebensweichen
Von einem Andern, Großen, dessen Auge
Stets über uns wacht, gestellt werden;
Und dass wir, nicht mehr als blinde Herden,
Seinem Worthauch folgen wie jene dem Ruf des Hirten.
Die Freigeister nennen dich nun eine Lüge,
Die Frommen lesen in deinem Antlitz
Die ewige Wahrheit, die viel zu große Riege
Der Halbgebildeten redet laut und weiß am Ende nichts
Und die Pessimisten heißen dich einen gar köstlichen Witz.
Was du bist, oder ob es dich
Gibt, das weiß ich nicht.
(Darob zu urteilen obliegt mir auch nicht)
Aber dennoch, etwas sehe ich:
Im rastlosen Spiel der Jahreszeiten, im schlafenden Gesicht
Meiner Geliebten: Wer weiß, vielleicht bist du‘s ja wirklich …
Sei es nach einem Lächeln,
Einem Blinzeln, einem Schmunzeln,
Einem: Sollte ichs wohl wagen?,
Oder gar dem Wie und dem Warum:
Die schlimmsten aller Fragen,
Sind die wir uns selber fragen,
Die schlimmsten aller Fragen
Sind lautlos und sind stumm.
Du lässt dich schleifen, du lässt dich schweben,
Du wirst dich schon verwirklichen, irgendwann und irgendwo:
Auf dich warte ja noch dein g a n z e s Leben.
Mein lieber Freund, sei nicht dumm, sieh es lieber so:
Jage jetzt deine Träume und sei glücklich und froh,
denn du hast nur dieses eine Leben.
Freudscher Versprecher
A: Ich liebe dich, mein Schatz,
Ich lieb dich wie mein Augenlicht!
B: Ich auch dicht, mein Herz,
Ja, ich auch dicht.
Wiedersehen
Noch nie, so scheints mir, sah ich Augen wunderbarer leuchten,
Nie war so viel Antwort in nur einer Umarmung
Und so viel Süße in einem Paar Lippen: Sie bräuchten
Ein Buch, ihre Tiefe zu greifen und ihre Tröstung
(Und es wäre noch lange nicht genung). -
Und haben jemals andere Hände mich geküsst?
Und hat ein Duft mir jemals süßer gerochen,
Und Zuhause, Rast und Frieden versprochen?
Nein, nicht dass ich es wüsst’. -
Und ich liege bei dir und ich sehe dich an und fühle mich: See
In den aus Berg die Stille tropft, und scheine nur mehr noch: Idee.
Die Verliebten
Was, sag was wissen sie denn von der Zukunft:
Dieser Möglichkeit, die kommen mag?
Gar nichts, und mehr wollen sie nicht wissen.
Noch ist alles für sie strahlend und ist Tag,
Die sie Wandernde sind, die wie von ferne zueinander stießen,
Und alles neu und alles heilig, was in ihnen lag.
Und vieles lag in ihnen: jede Bewegung,
Jeder Blick und jedes Lächeln schien Jahreszeit
Für sich zu sein, und wie die Regung
Einer Blüte gegen Abend, in ihrer weiten Innigkeit
Der Himmel schwer und duftend sich verschließt.-
Und sieh ihr Lächeln: Als ob der letzte Tag gekommen wäre,
Und darin: keine Besorgnis, kein Kummer, keine Schwere,
Keine Gewohnheit noch, die zwischen ihnen dumpf ersprießt.
Die Tanzenden
Die Glieder, wie hungrig aufeinander,
In sich vereinend den Liebesakt,
Verschwimmen, verschlingen sich ineinander
Zum flutenden und ebbenden Takt
Der Musik, die sich um sie legt wie Welt,
In deren Kern sie, flammend, Wille
Sind und kreisen: Ihre Blicke, die nichts mehr hält,
Schauen höhere Sphären, voller Stille,
In denen nichts mehr wirklich ist und
Der Augenblick das einzige, das zählt
Und Gipfel ist und tiefster Abgrund.-
Und wie sie lodern und sich verzehren,
Zischend niederzubrennen wie in letztem Begehren
Hauch nur mehr zu sein, der entweicht aus Göttermund.